Mark Harrington

Räume dazwischen
Mark Harringtons Werke könnten wie rein formale Experimente erscheinen. Für den Künstler sind sie jedoch mehr als das. Er möchte, dass seine Malerei eine Wirkung hat, dass die Leinwand beim Betrachter eine Stimmung hervorruft, eine Stimmung, die zunächst im Material hinter der Oberfläche verborgen ist.
Harrington glaubt an eine sinnliche, emotionale und sogar spirituelle Dimension in seinem Werk. Aber seine Bilder regen den Betrachter auch zum Nachdenken an, es stellen sich Fragen: Sind seine Werke, die als Ditpychen immer aus zwei Teilen bestehen, eine Suche nach dem Gleichgewicht der Elemente? Geht es um Harmonie und Gleichgewicht, Stabilität und Dynamik, Kontinuität und Pausen, Symmetrie und Unterschiede, Ordnung und Unordnung?
Im Wechsel zwischen dem Unnachgiebigen, hermetisch Abgeschlossenen auf der einen und dem Leichten und Sinnlichen auf der anderen Seite, zwischen dem Fremden und dem verführerisch Schönen, offenbaren die Bilder ihre Vielfalt in der Logik der Reduktion.
Die Oberflächen irritieren: Sie sind glatt, weich und gedämpft, und obwohl die Linien wie Intarsien in den gemalten Hintergrund eingebettet zu sein scheinen, als lägen sie hinter einem Schleier, wirken die Farben leuchtend und brillant!
Die großen Rechtecke, die Mark Harrington herstellt, werden mehrfach geschliffen, dann mit mehreren Schichten Gesso-Mischung überzogen und erneut geschliffen, bis ein Renaissance-Fresko-Finish erreicht ist. Auf diese Weise erinnern seine Gemälde an Objekte, was zum Teil an der massiven Holzstruktur liegt, die die Leinwand trägt, auf die dann eine dicke Schicht Acrylfarbe aufgetragen wird.
Wie beim Fresko werden die Farben in komplexen Schichten mit großer Geschwindigkeit aufgetragen, während der schnell trocknende Gesso noch feucht ist, so dass die Pigmente von der Oberfläche absorbiert werden und sich nicht auf ihr, sondern (wie beim Fresko) in ihrem Inneren binden. Die Farben wirken und sind untrennbar mit
den Strukturen, die sie tragen.
Der Künstler arbeitet schnell und freihändig, aber wie kontrolliert und perfektioniert der Prozess auch sein mag, durch
aber wie kontrolliert und perfektioniert der Prozess durch seine Erfahrung auch sein mag, es gibt immer auch eine schnelle, unvorhersehbare Intuition, die seiner konzipierten Komposition entgegenwirkt.
Dieser Prozess des „discovering-while-doing“ ist nicht unbedingt ein surrealistischer Automatismus oder eine Suche aus der Ideenwelt der Existenzialisten, sondern ergibt sich zwangsläufig aus den Anforderungen seiner Technik, seiner Materialien und seines Körpers.
Weil Harrington die Körperlichkeit der Arbeiten betont, schafft er nuancierte Übergänge zwischen Opazität und Transparenz, zwischen harten Kanten und Farbverläufen. In einem letzten Schritt deckt Harrington die bemalten Bänder ab. Er fügt ein halbtransparentes, milchiges Pigment hinzu, das die Farbe weiter verschleiert, die Ränder weicher macht und das Gesso-Kreide-Gemisch bindet, bevor es abgewischt wird, während es noch feucht ist. Auf diese Weise verschwimmen Bild und Gegenstand noch mehr und die traditionellen Wechselwirkungen zwischen zwei und drei Dimensionen, die die vormoderne und moderne Malerei von 1997 prägten, werden noch stärker betont. Der skulpturale Effekt besteht darin, dass die Farbe noch weiter in den Hintergrund tritt, unser Bewusstsein erweitert sich so weit, dass Farbe und Bild und Holz eins werden.